Sonntag, 10. April 2011

Highland Girl

Laya entspricht einem typischen Bergdorf im Himalaya, umgeben von Berggiganten, geprägt vom harten Leben im Gebirge, belebt von einem eigenständigen und hartköpfigen Bergvolk, den Laya-Nomaden. Laya ist der Hauptdrehort des neu erschienenen bhutanesischen Spielfilms "The Highland Girl". Voller Emotionen blicke ich mit den 300 geladenen Gästen auf die riesige Leinwand des Thorwa-Theaters in Thimpu. Ich sitze auf der Ehrentribune direkt hinter Königsfamilie und Ministern. Der Film erzählt die Liebesgeschichte eines Paars, das durch Hinterlist getrennt wird, indem das Mädchen in die Grossstadt gelockt wird. Die anfängliche Faszination der Hauptstadt wird bald zum Albtraum und so verläuft die Geschichte tragisch, bis sie schliesslich doch noch in einem Happy-End mündet, natürlich auf den Weiden des wildromantischen Tales der "Layas".
Zur Eröffnung  des Fonds für "Human Wildlife Conflict Management" ist eine bunte Schar von Staatsangestellten, NGO's, Medienleuten und einigen wenigen ausländischen Gästen zusammengekommen. Was für diesen Fond den Startschuss bedeutet, steht als symbolischen Schlusspunkt für unseren Know-how-Exchange der vergangenen Wochen. Das Thema hat hier einen weit grösseren "Impact" als bei uns, da die 60 % der Bevölkerung, die ausschliesslich von der Landwirtschaft leben, fast alle irgendwie davon betroffen sind. Entsprechend gross ist das Interesse am heutigen Anlass. Für mich ist es eine gute Gelegenheit, viele Leute, die ich getroffen habe, noch einmal zu sehen. Innerhalb von einem Monat, bin ich in rasantem Tempo in die bhutanesische Eigenarten eingetaucht. Vielleicht sind deshalb die 2 1/2 Stunden Herzschmerz der Liebesgeschichte aus Laya so schnell vorbei. Vielleicht vermisse ich auch deswegen die Untertitel nicht, da mir die Leute, das Land und die Kultur inzwischen so vertraut sind, dass Vieles ohne Worte verständlich erscheint.
Will Bhutan seine ehrgeizige Strategie zu Eindämmung der Wildtierschäden in der Landwirtschaft umsetzen, braucht es in den nächsten Jahren Ressourcen, die momentan fehlen. Deshalb ist der Zeitpunkt optimal gewählt, eine grossangelegte Geldsuche zu starten. Nur Zufall war deshalb mein Besuch nicht, da das Anliegen besonders auch dem zuständigen Minister, einem ehemaligen Hirtenbub, am Herzen liegt. 
Der sozialpolitische Hintergrund der Leinwandgeschichte steht ganz im Zeichen der heutigen Stadt-Land-Dynamik Bhutans. Die Entvölkerung der sonst schon wenig besiedelten, entlegenen Gebiete schreitet voran, trotz staatlicher Massnahmen, die dagegen wirken sollen. Deshalb stehen schon neu errichtete Schulhäuser in den überalterten Dörfern fast leer und   Thimpu erlebt einen beispiellosen Wachstumsschub. Der Druck der Wildtiere auf die verbliebenen landwirtwirtschaftlichen Flächen hat schon manchen Bauern zum Nachdenken nach alternativen Einkommensquellen inspiriert. Aus diesem Grund spielt das "Wildlife Conflict Management" eine wichtige Rolle im Kampf gegen die Landflucht. Gelingt es, griffige Schutzmassnahmen gezielt und möglichst billig umzusetzen, könnte vielleicht die Tendenz der Abwanderung gebremst werden.
Inzwischen ist es dunkel geworden und wir sind der Einladung zum Nachtessen mit den Gästen der Fond-Eröffnungsfeier gefolgt. Die Mädchen und Mei sitzen herausgeputzt in der Kira ringsum ein Lagerfeuer, das uns wärmt und die Tanzgruppe im Hintergrund feurig beleuchtet. Eine schönere Abschlussfeier unseres Aufenthaltes hier hätten wir uns nicht vorstellen können. Dankbar und glücklich geben wir uns der Musik hin, schwatzen, trinken und essen mit den immer munter werdenden Bhutanern in die Nacht hinein.

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