Montag, 21. März 2011

Bhutan Star




Der Saal ist mehr als halbleer. Nur die vordersten Reihen sind besetzt. Als einzige Nicht-Bhutanesen setzen wir uns neben eine Gruppe Teenies und ein paar Kinder. Beidseits von uns stehen die Fernsehkameras des bhutanesischen Fernsehens. Hinter uns auf einem leicht erhöhten Podium thront eine 5-köpfige Jury. Eine überdimensionierte Bühne erhebt sich vor uns, um den diesjährgien "Bhutan-Star" zu erküren.
Seit einigen Tagen sind wir in Thimpu, dem wirtschaftlichen und politischen Zentrum Bhutan's. Über der Stadt liegt Frühlingsdunst, der sich mit dem Rauch eines Buschbrandes entlang der trockenen Berghänge vermischt. Thimpu ist längst zu einer Stadt angewachsen, in der Globalisierung und bhutanesische Identität einander die Hand geben. Ebenso wie die Architektur, die Tempelkultur und die Kleidung, befindet sich auch die bhutanesische Musik in einem Wandel. Eine Gratwanderung zwischen Tradition und Moderne, die sich auch im bhutanesischen "Music-Star" widerspiegelt.
Die 5 Finalisten singen sich in 4 Runden während einer 3 stündigen Show durch Tradition und Moderne. Dabei nehmen die traditionellen Instrumente und Lieder eine entscheidende Rolle ein. Uralte Saiteninstrumente, Flöte und Perkussion begleiten die 5 Sänger in den ersten beiden Runden.
In der dritten Runde werden die alten Klänge in neue Rhythmen verpackt und die letzte Runde gibt den neuesten bhutanesischen Pop-Hit 5 Mal zum Besten, sodass Lia den Song schon fast perfekt mitsingt.
In den schweizerischen Music-Star-Staffeln, die in den letzten Jahren über den TV flimmerten, wurde weder gejodelt noch in der Tracht getanzt. Hier in Bhutan wäre dies selbstverständlich. Vielleicht ist dieser Wettbewerb gerade deshalb besonders interessant, weil die bhutanesische Folklore für uns noch im Exotik-Modus blüht. So verfolgen wir eine eher langweilige Show, die wir in der Schweiz wohl schon lange verlassen hätten bis zum offenen Ende. Die Entscheidung folgt erst morgen.
Auch in Bhutan ist der Song-Contest aufs Fernsehen ausgerichtet. So läuft denn am Sonntag praktisch in jedem Shop und in jeder Bar die letze Show bis zur Preisverleihung. 
Symptomatisch für eine Gesellschaft im Umbruch werden die beiden Hauptpreise für die Erstplatzierten in Form eines riesigen Autoschlüssels verliehen. Das Auto hat in Bhutan nicht nur eine enorme Prestige-Rolle, es steht auch als Symbol zur Verwirklichung von Träumen. Auch für die aufstrebenden "Bhutan-Stars" bedeutet Erfolg Mobilität und Aussicht auf individuelle Freiheit. Ein Traum, der in der Gebirgsgrossstadt Thimpu noch viele in Illusionen und falsche Versprechungen treiben wird. 

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