Dienstag, 15. März 2011

Kira und Gho

"Kleider machen Leute". Dies gilt in Bhutan nicht weniger als anderswo. Was wir aber am "Tsechu", dem alljährlichen Tempel- und Volksfest von Paro erleben, übertrifft alles Bisherige, was die Bedeutung von traditioneller Kleidung und deren Ausstrahlung angeht. Auf die Frage, was wir denn beim "Tsechu" beachten müssen, hören wir nur eines: Ihr müsst schön angezogen sein. Und so hat es satte 3 Tage gedauert, bis die ganze Familie  mit den "Kiras" für die Mädchen und Mei, eingekleidet war. Das Anziehen vor dem Fest war dann eine so anspruchsvolle Angelegenheit, dass zwei Bhutanesinnen mit uns eine gute halbe Stunde beschäftigt waren. Neben den Damen sah ich dann plötzlich so schmuddelig drein, dass mir der Koch des Hauses spontan seinen persönlichen "Gho" anbot. Da gab es auch für mich kein Zurück mehr.
Vor dem Dzong, der spirituellen und politischen Festung der Stadt halten wir inne. Während ich meinen Schal richte, muss Mei noch auf eine Stola warten, ohne die sie nicht ins Innere des Dzongs reingelassen wird. Trotz der Menschenmenge, die hier heute ein und aus geht, herrscht eine erstaunliche Ruhe. Überall leuchten und lachen Gesichter in der grellen Gebirgssonne. Im Innenhof der altehrwürdigen Dzongmauern schillert ein tanzendes Farbenmeer. Inzwischen haben wir uns an die ungewohnte Garderobe gewöhnt und wähnen uns eins mit den einheitlich bekleideten Bhutanesen. Alle haben heute die schönsten Kiras und Ghos ausgewählt für das grösste Fest des Jahres.
Während 5 Tagen tanzen vor allem Mönche zu Ehren von Guru Rinpoche verschiedenste Tänze, die seit Jahrhunderten in denselben Ritualen vorgeführt werden. Dazwischen sind folkloristische Darbietungen von Volkstänzen eingeflochten. Das Ganze wird umrahmt von einem theatralischen Auflockerung, die Geschichten erzählt und vor allem ältere Leute und Kinder direkt ins Geschehen integriert. Während dem ganzen Tag berieseln Gongs, Glocken, Trommeln und verschieden Hörner das Geschehen.
Mit unglaublicher Ausdauer verfolgen auch die Kinder das bunte Treiben. Ich bin tief beeindruckt von der einzigartigen Stimmung, die über den Kiras und Ghos liegt. Ein Fest ohne Hauch von Kommerz, wir wir es noch nie erlebt haben. Geld fliesst einzig zu Opferzwecken. Verpflegung nimmt jeder in Thermosflaschen und Reisschüsseln mit. Keine Stände, keine Lautsprecher, keine Werbung - einfach nichts, dass an uns gewohnte "Festverhältnisse" erinnert. Ein Reigen von Farben, Geschichten und sanften Gesichtern spielt zwischen flatternden Ghos und Kiras.

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