Samstag, 12. März 2011

Wie im Film

Langsam leben wir uns in einer neuen Welt ein, die so beeindruckend auf uns wirkt, dass wir wie betört durch die Gegend wandeln. Landschaft, Leute und Architektur wirken so harmonisch, dass es Simea genau auf den Punkt gebracht hat: "Es ist hier wie im Film". Wir sind bereits nach 2 Tagen Teil geworden dieses Filmes und versuchen unsere Rolle irgendwie zu definieren. Da es hier praktisch keine Westler gibt sind wir die Touristenattraktion für die Einheimischen. Die Blicke, Gespräche und Witze sind sehr angenehm, von einer Sanftmut geprägt, die Grosszügigkeit und Gastfreundschaft in einen lockeren und milden Umgang tragen. Noch nie sind wir auf unserer Reise so einem kulturell einheitlich auftretenden Volk begegnet. Diese Erscheinung auf die Neuankömmlinge ist keineswegs zufällig. Wird doch dieses kleine Königreich behutsam von der grossen Touristenmasse ferngehalten. Trotz der politischen Öffnung und einer langsamen Demokratisierung des Landes wirkt hier ein jahrhundertealter Geist, der den Alltag bestimmt.
Schnell sind wir dank dem oft perfekten Englisch der Bhutanesen sowohl im Kinderalltag wie auch in den politischen Tagesdiskussionen involviert. 
Es ist Sonntagmorgen in der früh. Rauhreif liegt über den braunen Matten und den umgepflügten Reisfeldern. Das nächtliche Gebell der streunenden Hunderudel verklingt allmählich. Die Kälte ist trocken, der Himmel stahlblau und ich spaziere mit unserer Frühaufsteherin Enya durch die Gassen von Paro bis zum Sonntagsgemüsemarkt. Hier herrscht bereits emsiges Treiben. Mit Feuer wärmen sich die Marktfrauen auf. Die meisten sind hier von der unweiten indischen Grenze angereist, um Gemüse und Früchte feilzubieten. Die meisten Gesichter sind halbvermummt wegen der Kälte. Nepali, Inder und Bhutanesen vermischen sich hier zwischen Tomaten-, Kartoffeln-, und Bohnenbergen. Handeln scheint hier Nebensache. Die meisten Verkäufer sind ins Gebet vertieft, währenddem ich getrocknete Äpfel, Bananen und waffelartige Zwischenverpflegung besorge. 
Das sagenhafte Shangri-La, das wir hier antreffen, glänzt natürlich nicht immer goldig, bzw. kennt genügend Probleme, die wir als "Reisende mit Zeit" sofort bemerken. Armut, Alkoholismus, absurde Verbote und Ressentiments gegenüber Nepali oder Tibetern sind nur einige Beispiele, die wir während den ersten Tagen wahrnehmen. 
Der Film hat aber erst richtig begonnen und so sind wir gespannt auf den weiteren Verlauf des Drehbuches. Die bisherige Bilder- und Ideenflut ist jedenfalls vielversprechend.

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