Freitag, 3. Dezember 2010

Terrassiert

Als 8. Weltwunder gelten die spektakulären Reisterrassen ringsum Banaue. Durch diese unbescheidene Etikette wurde der Ort weltberühmt und ins Inventar des kulturellen Welterbes der UNESCO aufgenommen. Seit über 2000 Jahren werden hier die steilen Hänge terrassiert und mit Reis bepflanzt.
Wir stehen auf einem Aussichtspunkt, schauen beeindruckt in die Tiefe und lassen uns in das faszinierende Mosaik der verschiedensten Grüntöne hineintreiben. Simea und Enya sind mit einem Güezi und einem warmen Kakaodrink beschäftigt, während die Nebelschwaden über die Terrassen streichen. Es ist Zwischensaison, die Ernte liegt Monate zurück, die Felder werden gesäubert und einzelne haben bereits mit dem Fluten begonnen, bevor dann die Setzlinge ins Wasser gesteckt werden und der Jahreszyklus wieder beginnt. Aufgrund des Bergklimas kann hier nur einmal geerntet werden, was den sonst schon sehr extensiven Anbau noch unrentabler macht.
Die atemberaubende Schönheit trügt. Vielerorts nagen bereits die Naturkräfte am arbeitsaufwendigen Kulturgut: Verbuschung, Erdrutsche und Felder, die nicht mehr korrekt unterhalten sind, fügen der Landschaft unübersehbare Wunden zu. Viele Reisbauern ziehen inzwischen der harten Feldarbeit eine lukrativere Beschäftigung im Tourismus vor. Traditionelle Lebens- und Arbeitsweise scheinen nur noch den Ältesten vorenthalten zu sein. Nicht selten posieren alte Frauen und Männer in traditionellen Kostümen auf den Touristenflecken. Der Stolz ist aus ihren Augen gewichen. Folklore und Tradition scheinen nur noch wegen dem Tourismus weiter zu existieren, während sich die Natur die Terrassen langsam zurückerobert.
Der Reisanbau ist nach wie vor der grösste Anteil der landwirtschaftlichen Nutzung auf den Philppinen (30%). Die neoliberale Wirtschaftspolitik hat jedoch dazu geführt, dass der Eigenbedarf nicht mehr gedeckt werden kann. Statt auf Selbstversorgung setzt die Politik auf rentablere Produkte wie Kokos, Nutzholz oder Bananen. Dies lässt die traditionellen Anbaumethoden ausbluten und versklavt die Landbevölkerung an riesige nationale und internationale Firmen. Eine tragische Geschichte, wie sie in so manchem Entwicklungsland landwirtschaftlicher Alltag ist. Dazu kommt eine philippinische Agrarreform, die wegen Korruption und kolonialen Machtstrukturen nur zögernd oder gar nicht umgesetzt wird. So beeindruckend diese Terrassen sind, die agrarpolitische Realität, die sich dahinter verbirgt, stimmt nachdenklich.