Donnerstag, 3. Februar 2011

Im Namen des Hasen


Der westliche Jahreswechsel nach gregoriansischem Kalender liegt bereits einen Monat zurück und die Vorsätze und Wünsche für den nächsten Sonnenzyklus sind schon länger verklungen oder gar vergessen. Das chinesischen Neujahrsfest hat soeben begonnen, um den Übertritt ins Jahr des Hasen zu zelebrieren und die Laoten müssen noch bis zum 13. April warten, um auch ihr Neujahrsfest ausgiebig zu feiern. Die Feierlichkeiten ziehen sich über einige Tage hinweg und beginnen mit dem Verkauf von alten Sachen auf dem Markt, um das alte Jahr zu verabschieden. Während Tagen werden dann möglichst viele Tempel besucht, um für's Glück im bevorstehenden Jahr zu opfern. Das wohl inzwischen bekannteste Markenzeichen des Festes ist aber eine regelrechte, landesweite Wasserschlacht, die ursprünglich eine symbolische Reinigung bedeutete.
Um diese Neuanfänge des Jahreslaufes kalendarisch einzuordnen, lohnt sich einen Blick auf die laotische Zeiteinteilung. Da in Laos aber Astrologie und Aberglaube bei den Mond- und Sonnenzyklen eine wichtige Rolle spielen, ist dieses Unterfangen gar nicht so einfach. Zudem wechseln nicht alle Volksgruppen zum selben Zeitpunkt ins nächste Jahr.  Tatsache ist, dass sich in Laos verschiedene Zeitrechnungen kreuzen. Neben der christlichen Zeitrechnung liegt die buddhistische, die jetzt 2554 nach Buddha zählt und vor allem dank Thailand in Südostasien verankert wurde. In Laos beginnt eine weitere Ära 78 nach Christi Geburt und noch eine andere, die weitverbreiteste im Lande, 638 n. Chr. Dies bedeutet, dass am 13. April ins Jahr 1371 gewechselt wird. Zudem unerliegen die Jahre 10- und 12-Jahreszyklen, die dem chinesischen Tierkreisrhythmus ähneln. Neben den Sonnenjahren richten sich die Monate nach dem Mond, sodass die 12 Monate à 29 oder 30 Tage regelmässig mit einem Zusatzmonat korrigiert werden. Was bedeutet, dass von Zeit zu Zeit jeweils zwischen dem 7. und 8. Monat einen "zweiten 8. Monat" eingeschoben wird, um mit dem Sonnenjahr in Einklang zu bleiben. Hinzu kommen 4 verschiedene Mondphasen, mindestens 7 Tageszeiten, 2 Tageszyklen zu 10 und 12 Tagen und etliche astrologische Regeln, die Gebete, Rituale sowie Pflanzzeiten festlegen: Wer soll da noch folgen können? Wahrlich eine Wissenschaft für sich, die den Ahnungslosen überfordert und dem Eingeweihten eine durchstrukturierte, über Jahrhunderte gewachsene Zeitordung offenbart.
Beruhigend wirkt da nur noch, dass alle kulturellen Versuche, die Zeit auf unterschiedliche Weise zu fassen, schliesslich den universalen Zyklen der Natur unterworfen bleiben, sodass die Macht der Zahlen ebenso der Vergänglichkeit ergeben ist, wie das menschliche Bedürfnis nach Ordnung und Orientierung. Dank Sonne und Mond werden wir uns auch im bevorstehenden Jahr des Hasen "zu Hause fühlen" und ein Jahreswechsel nach dem anderen über uns ergehen lassen.