Montag, 3. Januar 2011

Im Ring

Die Schweiz war nie eine Monarchie, hat aber trotzdem ihren König, der alle drei Jahre wieder neu bestimmt wird. Thailand ist trotz den demokratischen Reformen immer noch eine Monarchie geblieben. Mit viel Respekt und einer vielleicht buddhistischen Selbstverständlichkeit wird der König verehrt und geachtet. Der schweizerische Königshof liegt für die nächsten 3 Jahre im Diemtigtal, ohne Prunk, Zeremonien und politischem Gewicht, dafür mit umso mehr symbolischem Charakter beladen. Deshalb gebührt auch dem Schweizer König Respekt und Ehre, die er sich im Ring erkämpft hat.
Das Raunen der Menge explodierte in ein tobendes Stadion mit 50'000 begeisterten Schwingfestbesuchern, als der dreifache Schwingerkönig aus dem Osten entthront war. Die Berner übernahmen die Macht mit einem souveränen neuen König und dem stärksten Verband als Entourage. Es war ein grosser Moment in der Schweizer Monarchiegeschichte, die königliche Gefühle echter Monarchien vielleicht erahnen liess.
5 Monate später stehe ich wieder vor einem Ring. Dieses Mal ohne Sägemehl, dafür mit Polsterkissen und Gummileinen: Wir sind im Ratchadamneorn-Thaibox-Stadion in Bangkok, wohl eines der grössten und stimmungsvollsten des Landes. Mit meinen Kenntnissen vom Brienzer über den Schlungg zum Wyberhaken komme ich nicht weit. Die einzige Gemeinsamkeit scheint der Zweikampf zu sein. Ansonsten ist es für den Debutanten schwierig in den gelenkigen, teils hochstehenden Kämpfen Parallelen zu erkennen.
Beni und ich versuchen durch unsere kompetenten, leidenschaftlichen Publikumsnachbarn in die Wettstrategien reinzukommen. Da Ausländer nicht mitwetten dürfen, stossen wir bei den Erklärungen schnell auf Geheimnistuerei und durchschauen die schreienden, wild durch die Luft fuchtelnden Thai's nicht. Die Leidenschaft ist gross, die Tradition lang und "The art of fighting" unergründlich asiatisch. Das Raunen und die Begeisterung des Publikums verbindet die Kampfwelten aller Kulturen. So bleibt eine Faszination des Duells zurück, die ausreicht, um unseren ersten Thaibox-Fight aufzusaugen und dem Kampfsportkult die internationale Ehre zu erweisen.

Nach mehrmaligem Nachfragen wird mir auch klar, wieso der einstige Thai-boxer Andy Hug in der Schweiz als König betitelt wurde und ihn hier als "normaler" Champion kaum jemand mehr kennt. Ob Monarchie oder nicht, Könige haben ihre symbolische Ausstrahlung erhalten können, obwohl viele von ihnen den politischen Einfluss an die Demokratie abgetreten haben. Nicht nur deshalb bleiben die Thai-Boxer einfach nur "Champions" und der Schweizer König wir wohl noch lange alle drei Jahre im Ring auserkoren werden.

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