Donnerstag, 4. November 2010

Bambus

Einst das Hauptbaumaterial Thailands, ist der Bambus im Gerüstbau zwar noch überall präsent, aber als Rohstoff für den Häuserbau haben vor allem in urbaneren Gebieten Beton und Backsteine die traditionelle Bauweise abgelöst. Dies widerspiegelt sich auch in den Touristenunterkünften und kann als Symbol des Wandels oder der Modernisierung betrachtet werden. Die Bambushütten, die im letzten Jahrtausend auch noch für die meisten Touristen als Standardherberge genügten, sind inzwischen von einer Bauweise abgelöst worden, die mit dem Klima nur noch mit dauerndem "Air Conditioning" zurecht kommt.
Wir bewohnen seit einigen Tagen eine Bamushütte im "Old Style", in einer Bungalowanlage, wo noch Reise- und Lebensgeschichten in der alten Traveller-Tradition ausgetauscht werden. Und dies ausgerechnet in der Nähe von Ao Nang, das sich bereits seit Jahren dem Massentourismus verschrieben hat und der vielgerühmte Thai-Charme einer sehr unangenehmen Kommerzialisierung des Lebensalltags weichen musste. Nicht nur visuell ist diese Tourismusmonokultur erdrückend, sondern auch in den Köpfen hat sich eine oft abschreckende Geisteshaltung eingeschlichen.
Neben unserem Bambushaus beginnt es zu hämmern und zu schleifen. Alle 3 Jahre müssen die Hütten erneuert werden, ein Handwerk, das sich aus dem touristenverwöhnten Süden eher zurückgezogen hat und nun hauptsächlich vom Nordosten des Landes aufrechterhalten wird. Die Wanderarbeiter, eine Grossfamilie aus dem Grenzgebiet zu Kambodscha, sind schnell, fleissig und exakt. Mit zugeschnittenen Palmblättern und Bambusrohren erstellen sie für 1000 Euro kleine Kunstwerke. Während der Chef im Schatten döst, die Jungs und vor allem die Frauen arbeiten, spielen die Kinder mit unseren Mädchen und in Kürze entsteht vor unserer Hütte ein kleines Malatelier. Zwei Stunden später bewundern wir eine kleine Ausstellung.
Viele Bambushütten für Touristen sind verschwunden und werden vielleicht irgend einmal wieder als authentisch vermarktete Thai-Ressorts verkauft werden. Tatsache bleibt aber, dass die Touristenmassen die Standards neu gesetzt haben und die lokalen Traditionen verdrängen.
Erstmals seit wir im Land weilen, brauchen wir keine künstliche Luftabkühlung, da die Bambuskonstruktion die nächtliche Brise angenehm verteilt. Ohne Energie und ohne Air Condition-Erkältung, die sich inzwischen zur Hauptreisekrankheit entwickelt hat. Bambus ist mehr als eine Bauressource, mehr als nachhaltiger Rohstoff: Im Bambusrohr, das sowohl zum Reiskochen, als Heilmittel wie auch als Musikinstrument wieder nachwächst, steckt ein Grundverständnis Asiens, eine Kunst im Umgang mit Einfachheit und Vergänglichkeit. In vielen Gegenden dient er als Glücksymbol. Hier im Gebiet des Andamanen-Meeres erzählt sogar ein Schöpfungsmythos, dass der Mensch aus dem Bambusrohr entstanden ist.

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