Montag, 15. November 2010

Mega-Stau

Wir sitzen mit Melanie, Tom und 6 Kindern im Jeepney, das typische philippinische Sammeltaxi, und versuchen von Malate bis nach Cubao zu kommen. Nach einer halben Stunde  kapitulieren wir im Jeepney und steigen auf die Metro um. Aber überall selbst ausserhalb der Rush-Hour dasselbe Bild: Stau, Menschen, Gedränge, Bewegung, irgendwie ein rasender Stillstand. Alle wollen vorwärts kommen in diesem zähen Fluss, mit Metro  scheint dies immerhin recht gut zu funktionieren, wenn auch das Umsteigen und der Ticketverkauf eher umständlich organisiert sind.
Wir sind froh mit den "Philimelitos" (Familie Nansoz-Baumann) so quasi einheimische Führer durch diesen Grossstadt-Moloch zur Seite zu haben. Ansonsten würden wir gleich zu Beginn unseres Philippinen-Besuchs ein Manila-Trauma riskieren. Der beschwerliche Weg bis zu unserem Ziel, Cubao, dem pulsierenden Knotenpunkt der 20 Millionen-Megalopolis, stellt unsere Geduld jetzt schon auf die Probe. Bis wir ankommen sind alle schon wieder hungrig, etwas beduselt von den Menschenmassen, dem Gestank und den Bildern zwischen dekadenter Konsumwelt und absoluter Armut.
Manila ist ein Ballungszentrum bedrohlicher Superlativen: Ein sich selbst organisierendes Chaos, das trotz allen Problemen mit Infrastruktur, Energie-und Wasserversorgung, Müllbergen- und Luft- und Wasserverschmutzung, sich pausenlos aufbäumt und gegen das eigene Verderben anrennt.
Unser Spaziergang durch den heruntergekühlten Einkaufstempel ist ein Einblick in die Abgründe der philippinischen Konsumwelt. Ein Tummelplatz der Mittelschicht, die sich von oft amerikanischen oder generell westlichen Träumen ernährt. Eine Welt des Scheins und Trugs, der Kurzlebigkeit zwischen billiger Massenprodukte und exklusiven Prestigeobjekten, eine Welt der dominanten Vorherrschaft Amerikas, die langsam vom aufstrebenden China überrollt wird.
Der Rückweg in unser Hafenquartier wird zum "Manila-Feierabend-Erlebnis". Die sonst schon dicht gefüllten Strassen, Über- und Unterführungen beginnen überzuquellen. Wir stecken in einem unübersichtlichen Ameisenhaufen, der an Tempo und Hektik jede Minute zulegt, bis die Dämmerung die Bewegungen je nach Stadtviertel wieder etwas beruhigt. Auf gewisse Verkehrsadern steht alles still, es qualmt, hupt und lärmt: Mit 2 Kinderwagen und 4 hungrigen und müden Kindern kämpfen wir uns über die bröckelnden Gehsteige an gegrillten Maiskolben vorbei, weil wir wissen, dass eine Taxifahrt jetzt vermutlich doppelt so lange dauern wird. Die Kinder nehmens locker, wir versuchen es ebenso zu bleiben und schweissverklebt und zu eingeräuchert vom Smog am Rande der Mobilitäts-Apokalypse.