Freitag, 19. November 2010

Halo Halo

Die Philippinen sind ein asiatischer Sonderfall, der zum Verständnis ein wenig Zeit beansprucht. Zum grossen Vorteil für den Neuling sprechen sogar ungebildete Leute ein relativ gutes Englisch, sodass es einfach ist, über die Eigenheiten des Landes viele Details zu erfahren. Die englische Sprache wird zu einem Kolonialrelikt, das für eine einfache und rasche Verständigung Gold wert ist.
Bereits nach einigen Tagen und dank den heimisch gewordenen Melanie und Tom tauchen wir voll und ganz in die philippinischen Widersprüche und Kuriositäten ein. Die fremdbestimmte Vergangenheit der letzten 400 Jahre hat überall seine Spuren hinterlassen und prägt verständlicherweise das Inselvolk noch heute. Die 7000 Inseln sind trotz einem vereinheitlichten Staat und dem langen Schatten Spaniens und Amerika schwer kontrollierbar geblieben.
Als Sonntagsauflug spazieren wir in Manila durch den Zoo, wo mir Tom das Nationalgetränk "Halo Halo" als kulinarische Einstieg in die philippinische Kultur des bunten Durcheinanders vorschlägt. Die Zutaten sind auf den ersten Blick so verschieden, dass ich mir unmöglich vorstellen kann, dass dieses Gemisch tatsächlich schmeckt: Im Zucker eingelegte Bohnen, verschiedene Arten von Gelatine, die einen unappetitlichen Farbmix entstehen lassen, Kondensmilch, Haferflocken, eine Gemüseglace, und viel zerstampftes Eis, fritierte Bananen und Sojamehl-Kugeln! Es braucht eine gewisse Offenheit, sich auf diese Mischung einzulassen. Mit geschlossenen Augen geht es etwas einfacher, aber auch die Konsistenz ist sehr gewöhnungsbedürftig, sodass ich einige Zeit brauche und die moralische Unterstützung von Tom, um langsam aber sicher die ultimative philippinische Sonntagserfrischung geniessen zu können.
Während dieser doch eher exotischen Trinkerfahrung, lässt mich der Gedanke nicht los, dass die philippinische Gesellschaft sich in eben diesem Getränk widerspiegelt. "Halo Halo" ist Metapher und Erklärung zugleich, um den Einstieg in die Philippinische Welt zu schaffen.
Am Ausgang des Zoos stossen wir auf eine weitere Eigenheit des philippinischen Erfindungsgeistes, der zum Selbstverständnis einer dauernd sich selber erfindenden Nation geht. Am Strassenrand werden leuchtend eingefärbte "Bibeli" in kleinen Käfigen verkauft. Sowohl ein typisches Zeichen des Umgangs mit Tieren, wie auch Symbol des ständigen Überlebenskampfes des harten philippinischen Alltags.