Samstag, 20. November 2010

ParaDies und Das

Lia hat sich seit langem eine Kinderbibel zu ihrem 6. Geburtstag gewünscht. Bis heute  ist mir dabei immer noch nicht ganz klar, von wo dieser Wunsch herrührt, da wir uns bisher nicht bewusst um eine christliche Erziehung bemühten. Lia hat aber ringsum das Thema Gott schnell erkannt, dass Religion und die damit verbundenen philosphischen Fragen nicht nur für die neugierige Kinderseele Diskussionsstoff anbieten. Seit wir auf den streng katholischen Philippinen angekommen sind, erzähle ab und zu möglichst kindergerecht, undogmatisch und bilderbeladen die Geschichten aus dem alten Testament. Wie es sich gehört steht am Anfang, die Frage nach dem Ursprung der Welt, das Phänomen des Staunens und schliesslich der Mensch im Paradies.Unter Palmen mit Blick aufs glasklare Meer hinaus auf einer winzigen Insel am Rande des südchinesischen Meeres zu sitzen macht den biblischen Paradiesgarten real. Die Kinder sind wunderbar aufmerksam, ihre Augen leuchten unschuldig. Aber die Schlange macht auch auf dieser Insel nicht halt, bzw. konfrontiert auch unsere Kinder mit den menschlichen Schwächen. Schnell ist es vorbei mit dem Paradies, es bleiben auch hier nur immer Momente des Glücks und bereits schreit wieder ein Kind, sticht eine Mücke zu oder der Durst meldet sich. Die biblische Radikalität erscheint mir irgendwie kindergerecht, denn sie nehmen Gut und Böse ebenso unverdorben auf wie auch Schicksal und Gottes Allmacht gegenüber der Menschheit. Obwohl wir auf unserer Reise Islam und Buddhismus hautnah erleben, bleibt das Christentum unser wichtigster Geschichtenspender. Ein kulturelles Selbstverständnis, das wir irgendwo und zu jeder Zeit auf dem Globus stufengerecht einsetzen können.
Der Rausschmiss Adam und Eva's aus dem Paradies ist für die Kinder eine gerechte Strafe und erklärt für uns verdorbene Erwachsenen-Geister einiges ringsum die ewige Suche nach dem Paradies, bzw. nach dem wunschlos glücklichen Zustand. Auch auf der Pandan Island scheint die Idylle auf den ersten Blick zu trügen: Die Besitzerin erzählt uns über Diebstahl, Intrigen, Alkohol, Neid und Hass und Rache, die ganze Palette von Eigenschaften und Geschichten, welche die menschliche Schattenseite aufzeigt. Das Paradies scheint nicht für den Menschen oder die Menschen nicht für das Paradies geschaffen zu sein. In diesem Bewusstsein, die kindliche Sorglosigkeit und Naivität zu schätzen, wird ebenso spannend wie schwierig, da die Vertreibung aus dem Paradies unvermeidlicher Alltag und Spiegel der menschlichen Einfalt geworden ist.

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