Mittwoch, 24. November 2010

Frost im Nachtbus

Ein weiterer Tag in Manila mit angepasstem Kinderprogramm und erschöpfendem, chronischen Sauerstoffmangel im Dauer-Chaos ist vorbei. Wir stärken uns mit einem Bier in einer improvisierten Bar, wie es wohl zehntausende, vielleicht auch hundertausende davon in Manila gibt. Der Nachtbus wartet, die 6 Kinder sind bereits darin eingeschlafen. Aber bevor wir losfahren, sehen wir uns bereits mit der ersten Panne konfrontiert: Die Klimaanlage steigt aus und der Bus wird innert kürzester Zeit zur Sauna. Deshalb gibt es nur eine Lösung: Buswechsel. Und so zügeln wir 6 Kinder im Tiefschlaf, ein schöne Ladung Gepäck und unsere schlappen Beine in den nebenan wartenden Bus. Hier erwarten uns winterliche Temperaturen und zwingen uns die von der eben erlebten Sauna schweissdurchtränkten Kleider sofort zu wechseln.
Da die Busse auf den Philippinen während der Nacht zu Kühlschränken werden, sind jeweils alle Passagiere dick eingepackt mit Mützen, Decken und Klamotten, die sonst in diesem Klima nie benützt werden. Als kältegewohnte Europäer erscheint dieses Spiel zwischen unerträglicher Hitze und quälender, frostiger Klimaanlage völlig absurd. Tom und Melanie kennen die Spielregeln und schliessen deshalb alle luftigen Löcher mit Klebstreifen zu. Die Unmöglichkeit einer feineren Temperaturdosierung erklärt sich teilweise mit den übermüdeten Fahrern, die bei zu grosser Hitze schneller einschlafen würden. Die Kinder nehmen alles sehr gelassen und die Reiseaufregung überdeckt die unwirtlichen Rahmenbedingungen.
Die Fahrt geht Richtung Norden und wir kommen nicht vom Fleck, da auch der Ersatzbus nicht aller Zweifel erhaben ist. Morgens um halb drei laufen immer noch Kriegsfilme in unerträglicher Lautstärke und ich suche vergeblich den Schlaf. Ich sehne mich nach dem kindlichen Schlaf der Gerechten. Der Bus wankt wie ein Schiff und der Chauffeur gibt nur gehemmt Gas. Kein Zweifel, da stimmt irgendetwas nicht. Trotzdem überqueren wir einen kurvigen Pass, warten da noch einmal eine Stunde wegen einer Baustelle und kommen schliesslich im Morgengrauen an eine verlassene Kaffeebar, wo wir uns aufwärmen. Kaum sind die Lebensgeister aller Passagiere langsam erwacht, fährt ein leerer Bus vor: Umsteigen bitte, und wir wechseln zum zweiten Mal mit Sack und Pack das Gefährt. Mit Murren und Achselzucken, ermunterndem aber müdem Lächeln versuchen wir uns gegenseitig für das letzte Teilstück zu motivieren.
Bei dichtem Tropennebel, frostigen Bustemperaturen und gutgelaunten, aber noch etwas müden Kindern treffen wir schliesslich mit 3 Stunden Verspätung in Lagawe ein.