Dienstag, 12. Oktober 2010

Buddha lächelt

Im Süden der Insel Ko Lanta hat der Islam den Buddhismus verdrängt. Der Muezzin, verhüllte Frauen und patriarchalische Blicke prägen die Dorfstimmung. Die Gelassenheit und Offenheit, die wir in Bangkok erlebt haben ist verflogen. Ein Dunst von Misstrauen liegt über den Gesichtern, so wie ich dies aus anderen islamischen Ländern kenne. Auch wenn die Leute freundlich sind, herrscht ein kollektiver Druck, der ungute Erinnerungen aus Nord- und Westafrika in mir aufkommen lässt.
Im Norden der Insel sind die Buddhisten noch präsenter, wenn auch klar in der Minderheit. In Saladan Down Town, dem Hauptort Ko Lanta's begegnen wir in einer Nebenstrasse buddhistischen Mönchen, die gerade ein Morgengebet abhalten in einem auf die Strasse hinaus offenen Saal, der vor allem mit Frauen und Kindern gefüllt ist. Die Mantras wirken beruhigend auf die geschäftige Samstagsmorgen-Stimmung. Angezogen von dem Gesang halten wir inne und alle Mädels beobachten gebannt die in orange Tücher eingehüllten Mönche. Die Zeremonie neigt sich dem Ende entgegen und der Vorbetende erhebt sich und macht mit einem Palmwedel die Runde zur Segnung. Vor allem alle Kinder werden gesegnet. Als Zaungäste am Eingang werden wir sofort miteinbezogen, sodass unsere Mädchen wohlbespritzt mit dem Segen eingedeckt werden. Die Gebetsgruppe löst sich auf und wir werden von verschiedenen Mönchen noch angesprochen, natürlich immer mit einem breiten Lächeln und grossem Interesse an den Kindern. Das Lachen, all die Kinder, die Räucherstäbchen und die nachklingenden Mantras sprechen für sich: Der Buddhismus strahlt eine völlig andere Stimmung aus, als dies der Islam tut. Individuum und Kollektiv haben eine grundsätzlich andere Bedeutung. Die Rollen sind so anders verteilt, dass mich diese unterschiedlichen Stimmungen tief beeindrucken.
Ohne dass ich die beiden Religionen nun bewerte und eingehend vergleiche, empfinde ich spontan eine Faszination für das buddhistische Lächeln und eine Abneigung gegenüber der islamischen Grundstimmung. Die Religion bleibt eine Angelegenheit, die soziale Strukturen nach wie vor beeinflusst. Was auf der einen Seite der Buddhismus an Toleranz und Offenheit lebt und ausstrahlt, wirkt auf der anderen Seite im Islam dogmatisch, autoritär und ausgrenzend. Aus einer klassisch westlichen Perspektive scheint mir, der Buddhismus hat dem Christentum die Aufklärung vorweggenommen, der Islam hat sie bis heute nie nachgeholt. Und dies widerspiegelt sich in der Alltagsstimmung die den reisenden Beobachter einhüllt.