Sonntag, 31. Oktober 2010

Maybe

Dauerregen, Dunkelgrau und ungewohnt kühle Luft verwandeln diese Trauminseln in eine ruhige, melancholische und nachdenkliche Atmosphäre. Die Macht des Wetters hat sich über  die "dauerfröhlichen" Touristen gelegt. Viele reisen bereits ab, weil die Wetterprognosen scheinbar keine Besserung versprechen. Eine weitere Monsunfront hat uns erreicht und verlängert die Regenzeit nochmals eine Woche. Was für Kurzzeitreisende einfach Pech ist, bedeutet für uns ein Innehalten, für die Kinder eine Abwechslung zum Strand- und Sonnenalltag.
Die Launen der Natur sind die alltäglichsten und oft doch so gewaltigen Zeichen, dass Planbarkeit und Organisationsmacht des menschlichen Willens Grenzen erfahren müssen, die fruchtbare Denkpausen ermöglichen. Es muss ja nicht gleich ein Tsunami sein, der hier vor 6 Jahren alles wegfegte und 600 Todesopfer forderte. Äusserlich erinnert heute nur noch wenig an die damalige Katastrophe: einige Baustellen, Tsunami-Warntafeln und ein eine Art "Tsunami-Center". Der Tsunami als Sinnbild der Macht der Natur hat vielleicht die hier betroffenen Einwohner etwas Respekt gelehrt. Wie nachhaltig dieser tatsächlich ist, erscheint mir nicht offensichtlich bei der aktuellen Verbauung der Strände.
Eine gewisse Schicksalhaftigkeit scheint bezüglich Wetterlaunen den gesunden Menschenverstand der hiesigen Inselbewohner zu prägen. Auf meine eher doofe, aber halt doch wichtige Touristenfrage heute morgen: "How is the weather today?" antwortet mir der Fischer: "Maybe!" und lächelt. Ob er meine Frage verstanden hat oder nicht, bleibt zwar unklar, die Antwort ist aber ebenso banal wie genial und lässt mich mit einem Thai-Lächeln weiterziehen, obwohl im Hintergrund bedrohlich schwarze Wolken aufziehen.
Die bisherigen Wetterprognosen haben uns dazu bewogen, nicht mehr mit diesen zu planen. Wir nehmen nun den Himmel so, wie er ist, da das "Maybe" eigentlich die einzige zutreffende bisherige Prognose war. Das Inselwetter ist schwierig vorauszusehen, es sei denn es kommt tatsächlich eine gewaltige Front daher, wie es jetzt anscheinend der Fall ist. Der Umgang mit dem Wetter ist eine globale Herausforderung. Nicht nur weil das Wetter überall auf der Welt stattfindet, sondern auch weil die Wetterprognosen eine anthropologische Konstante widerspiegeln, die oft unterschätzt wird: Der Mensch ist auf die Zukunft ausgerichtet und plant, organisiert oder hofft und sehnt sich nach einer besseren Zukunft bzw. nach besserem Wetter. Das zukünftige Wetter überdeckt deshalb oft das momentane und meistens das vergangene. Deshalb setzen wir heute voll auf die morgigen Sonnenstrahlen, um das heutige Grau auszuhalten.

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