Donnerstag, 7. Oktober 2010

Strandfussball

Die Luft ist frisch durchgewaschen und die Temperaturen abendlich angenehm, sodass wir zum täglichen Fussballspiel antreten. Ein Schwede, achtzehn Thais und ein Schweizer , "oben-ohne" gegen "mit-shirts", gemäss den gängigen Strandregeln zur Unterscheidung der Teams. Die Tore sind winzig, das technische Niveau hoch, das Kurzpassspiel die gängige Formel. Bereits nach 5 Minuten schwitzen alle so wie wir in unseren Breitengraden nur in Ausnahmesituationen Wasser verlieren.
Fussball ist die einfachste universelle Sprache (vor allem unter Männern), vielleicht sogar die einzige, die wahre interkulturelle Kommunikation ermöglicht. Durch das Spiel verlieren die wohlüberlegten Ausdrücke und Worte ihre Bedeutung und werden durch Einsatz, undefinierbare Laute von befehlendem Ton bis zum Stöhnen der Erschöpfung oder Gesten der Fairness ersetzt. Fairness, das Einhalten der banalen und doch so wichtigen Regeln, wird zur alles entscheidenden Konvention, die Zusammenhalt und das Gelingen des Spiels überhaupt ermöglichen. Niemand spricht miteinander, alles spielt sich ohne Worte ab, bis endlich nach einer knappen halben Stunde ein Tor fällt, dann kommen die ersten emotionalen Töne hoch.
Ich halte mit, obwohl ich einer der Ältesten auf dem Platz bin. Die jungen, gelenkigen Thais sind schnell und kampfbereit, aber fair, es kommt während 1 Stunde Spielzeit zu gerade mal 2 Fouls. Die Hälfte der Spieler ist langhaarig und tätowiert, sieht so aus, als ob dies hier zum "Strandlook" gehört. Der Schwede und ich versuchen etwas Druck zu erzeugen, was schliesslich zu einem zerbrochenen Torpfosten führt. War dies die europäische Demonstration mit der Brechstange? Wir versuchen uns an die filigrane Spielweise der Thais anzupassen und es gelingt tatsächlich, sodass wir uns gut ins Kollektiv einfügen.
Plötzlich räumt sich das Feld, neben 4 Thais sind nur noch der Schwede und ich auf dem Platz, was ist los? Nebenan ist eine Gruppe älterer Männer in langen, reich bestickten muslimischen Gewändern aufgetaucht. Die Fussballjungs sammeln sich um die autoritär wirkenden Männer. Gebet oder Politik? geht es mir durch den Kopf. Einer der verbliebenen Thais klärt mich auf, dass ein paar wichtige Männer zu Besuch seien und sie einen Dorfrundgang machen mit den hiesigen Entscheidungsträgern. Die Moslems sind mit über 90% die prägende Religionsmehrheit auf der Insel. Dies wird mir erst jetzt bewusst während diesem unverhofften "Time-Out". Nach einigen Minuten spielen wir weiter, aber die Luft ist jetzt irgendwie raus und wir finden den Schwung nicht wieder. Nach einer Stunde sind der Schwede und ich die Einzigen, die ins Meer springen vor Hitze, die Thais baden nicht im Meer, selbst nach einer Stunde Fussball bei 30 Grad und 90% Luftfeuchtigkeit. Einige rauchen eine Zigarette, die anderen ziehen gemächlich ab.