Mittwoch, 20. Oktober 2010

Meerpause

Mit dem "Longtail-Boat", dem typischen, Thai-Fischerboot fuer mittlere Distanzen, sind wir unterwegs nach Ko Ngai. Lange haben wir gewartet, bis wir diesen Ausflug endlich wagen konnten, da die See einfach zu rau war. Heute scheint das Wetter ruhiger, die See jedoch immer noch launisch. Anfänglich noch im Windschatten der Insel Ko Lanta mit leichter Brise und sanftem Wellengang, dann immer mehr im Wind und dem Sog der offenen, hohen See, durchkämmen wir das Wasser. Die Wellenberge werden immer eindrücklicher, die Täler erschreckender und die Sonne darüber unerbittlich. Unser stattliches Boot wird zur Nussschale, zum Spielball der Naturgewalt.
Die Kinder halten sich gut. Enya singt noch, Lia übt sich sogar am Steuer und Simea sucht nach Delphinen. Sobald wir wieder in den Windschatten einer Insel treten wird die See wieder zahmer, verliert an Dramatik und Kraft, sodass wir sogar einen Tauchgang mit allen Mädchen wagen können. Wir werfen einen Blick in die Unterwasserwelt, wo wir überrascht werden von einer bunten Menge von verschiedensten Fischen, in der felsigen, korallenübersäten Unterwasserwelt. Ruhe legt sich über die lichtdurchflutete, türkisblaue Arena. Lia beeindruckt mit Geschick beim Schnorcheln in der starken Strömung. Mir fehlt irgendwie die Entspannung, da die Mädchen in diesen Gewalten besondere Aufmerksamkeit abverlangen.
Die Sonne brennt trotz dem angenehmen Wind und wir ziehen weiter Richtung Ko Muk. Die Gischt spritzt über Bord, die Berg- und Talfahrt nimmt an Dramatik so zu, dass die ersten Blicke von Unwohlsein und jammernde Töne aufkommen. Vor einer beeindruckenden Felswand, wo die meterhohen Wellen in die Höhe klatschen hält unser Bootsführer und fordert uns auf, nun in die Höhle weiter zu schwimmen. Während sich beim angehaltenen, schaukelnden Boot die Stimmung bei den Girls schlagartig verschlechtert, wird auf dem Schiff heftig debattiert, ob diese Höhle wirklich eine gute Idee ist. Inzwischen schreit Simea vor Übelkeit und Enya kämpft ebenso mit dem Wellengang. Unsere schreienden Kinder überzeugen alle ziemlich schnell, vom Überbord gehen abzusehen.
Ob das Meer mal eine Pause macht, fragt Lia. Leider nein, muss ich ihr zugestehen und so erleichtert sich Simea von der eben genüsslich verspiesenen Wassermelone, sowie auch Enya einige Minuten später. Mei ist ebenso bleich wie Lia und beide können sich nur vor noch Schlimmerem bewahren, indem sie sich mit ruhigem Atem an den Horizont wenden. Das Meer kennt keine Pausen und so halten wir durch, bis wir wieder festen Boden unter den Füssen haben und die Farbe wieder ins Gesicht zurückkehrt.
Dramatik und Schönheit geben sich auf hoher See die Hand. Das Unerbittliche wie auch das Unermessliche und scheinbar Unerschöpfliche von Sonne und Meer sitzt allen im Nacken auf der windigen, goldglänzenden Heimfahrt in der Nachmittagsgischt. Ähnlich wie bei Erfahrungen im Gebirge kann die Stimmung innert kurzer Zeit umschlagen und die menschliche Winzigkeit offenbaren: Das Meer macht keine Pausen.
Ennio & Enya

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